Haltestellennamen: Was ist eigentlich der Alte Schützenhof?

Veröffentlicht von am 14.05.2019 (Ein Kommentar)
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Über 550 Haltestellennamen gibt es in Münster – und so mancher hat sich sicherlich schon gefragt, was eigentlich der Name „seiner“ Stammhaltestelle bedeutet. In dieser losen Serie erklären wir die Herkunft der Namen und – wenn es sie gibt – weitere Besonderheiten der Haltestelle.

Den Alten Schützenhof gibt es heute noch direkt neben der Haltestelle. Aber was ist der Hintergrund dieser Gastronomie?

Hier liegt die Haltestelle

Die Haltestelle liegt direkt an der gleichnamigen Gaststätte.

Die Haltestelle Alter Schützenhof gibt es gleich viermal. Zwei Haltepunkte liegen an der Hammer Straße, hier halten die Linien 1, 9 und N82 auf ihrem Weg aus Hiltrup und Amelsbüren in die Stadt und wieder zurück. Dabei fahren sie auch an der Alten Reitbahn vorbei. Zwei weitere Masten stehen auf der Geiststraße, sie werden bedient von der Linie 4 von und zum Clemenshospital. 

Die Haltestelle liegt also genau dort, wo sich die Hammer Straße von der vierspurigen und teils noch breiteren Straße zur engen Allee verschmälert und sich zugleich trennt in Hammer Straße Richtung Ludgeriplatz und Geiststraße in Richtung Weseler Straße.

Das bedeutet der Name

Der Schützenhof im Jahr 1900 (Quelle: Henning Stoffers)

Der Alte Schützenhof ist noch heute direkt an der Hammer Straße beheimatet – das heutige Balkanrestaurant trägt allerdings einen historischen Namen. Den Schützenhof nämlich gibt es bereits seit 1844. Damals wurde dort eine riesige Gaststätte mit weitläufigen Außenanlagen und Schießstand gebaut. Doch nicht nur das, auch ein großer Festsaal war Bestandteil der Gaststätte, angeblich soll er zu den größten Sälen in Westfalen und im Rheinland gehört haben.

Dass beim Katholikentag 1885 bis zu 15.000 Menschen ein großes Gartenfest am Schützenhof feierten, zeigt die Ausmaße der Gaststätte. Zum Vergleich: Der größte Biergarten Münchens fasst heute gerade einmal halb so viele Menschen. 

Einladung zur Einweihung der Straßenbahn

Auch die Einweihung der Straßenbahnen wurde 1901 im Schützenhof gefeiert. Nach einer Fahrt mit viel Prominenz vom Rathaus durch die Innenstadt, zu den Endpunkten des Netzes und zum Betriebshof ging es an die Hammer Straße, wo ein rauschendes Fest stattfand, mit Erdbeerbowle und kalter Küche, wie die Einladungskarte noch heute verrät. Als Kleidung war ein Überrock – auch bekannt als Gehrock – gefragt. 

Als der große Garten bei Einbruch der Dunkelheit plötzlich in elektrischem Licht aus Münsters erstem Kraftwerk erstrahlte, soll sogar brausender Beifall ausgebrochen sein. Die Haltestelle am Alten Schützenhof war lange Zeit Endstation für die gelbe Linie, die später als Straßenbahn-Linie 2 fuhr und dann zur O-Bus-Linie wurde. 

Heute findet sich anstelle von Biergarten und Festsaal eine Grünfläche

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Schützenhof als großes Lazarett genutzt, vor dem Zweiten Weltkrieg dann mehrfach – auch das gehört zur Geschichte Münsters und Deutschlands – als Versammlungsstätte für die Nazis. Mehr Bilder vom Alten Schützenhof zeigt Henning Stoffers auf seiner Webseite zur Geschichte der Hammer Straße.  

Später wurde der Saal dann abgebrochen, an seiner Stelle liegt nun eine Grünfläche zwischen Hammer Straße und Sebastiankirchweg sowie die 1962 gebaute Kirche St. Sebastian, die heute profanisiert ist und eine Kita beherbergt. 

 

 

1 Kommentar

  1. Reinhard Schulte
    14. Mai 2019

    Hallo Herr Adler,

    wieder ein wunderbarer Blog-Beitrag. Einiges wusste ich zwar schon zur Historie des Alten Schützenhofes, aber Ihr Beitrag hat mein Wissen noch einmal kräftig erweitert Etwa, dass der Biergarten doppelt soviel Menschen fasste als der größte Biergarten Münchens. Wunderbar sind auch die alten Ansichten und insbesondere die Programmabfolge der pompösen Straßenbahneröffnung mit „Überrock und Erdbeerbowle“. Köstlich!

    Ein herzliches Dankeschön! Reinhard Schulte

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