Wenn es in der Werkstatt laut wird, ist es um den Azubi herum ganz leise

Veröffentlicht von am 20.10.2021 (Keine Kommentare)
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Stylianos misst den Widerstand, den Strom und die Spannung der Geräte.

Stylianos macht eine Ausbildung zum Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik.

Die Maschinen laufen auf Hochtouren. Es wird geschraubt, gehämmert und gebohrt. Ob in der Werkstatt oder auf der Straße in der Baugrube. So weit, so gewöhnlich für einen auszubildenden Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik. Anders ist es für den 19-jährigen Elektrotechnik-Azubi Stylianos: Stylianos ist gehörlos, ein Implantat hilft ihm zu hören.

Stylianos ist einer von zehn jungen Menschen, die das Elektronik-Handwerk bei der Stadtwerke-Tochter Stadtnetze Münster lernen. Durch seine Gehörlosigkeit nimmt er den Arbeitsalltag in der Werkstatt anders wahr. Einen weitgehend normalen Berufsalltag ermöglicht ihm seine elektronische Hörprothese, ein sogenanntes Cochleaimplantat. Wie jedes Hörgerät reguliert es die Lautstärke selbstständig. Wird es um ihn herum zu laut, wird es bei Stylianos leise.

Von der elektrischen Eisenbahn zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik

Stylianos zeichnet einen Steuerungsstromkreis an die Tafel.

Im zweiten Lehrjahr steht das Zeichnen eines Steuerungsstromkreis auf dem Stundenplan.

Mit der Frage „Wo kommt das Kabel her und wo geht es hin?“ sprang der erste Funke seiner beruflichen Leidenschaft bereits mit 12 Jahren durch seine elektrischen Eisenbahnen und deren Schaltungen über. Das Interesse für die Stromversorgung von Häusern blieb. Nach einem dreiwöchigen Praktikum bei den Stadtnetzen Münster ist klar – das passt!

Für ihn steht fest: Ich werde Elektriker. Unterstützt wird er dabei durch das dem Inklusionsangebot KAoA-STAR vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).

Raus aus der Schule und rein in das Berufsleben

Stylianos ist bereits im zweiten Lehrjahr. Das frühe Aufstehen um 5:30 Uhr macht ihm mittlerweile nicht mehr viel aus. Er blickt auf den Anfang seiner Ausbildung zurück: „Klar lief am Anfang auch mal etwas schief – aber jetzt weiß ich Bescheid und komme gut zurecht.“ In seinem ersten Ausbildungsjahr lernte der 19-jähirge Kabel zu verlegen, Schaltkästen zu verdrahten und Stromversorgungen sicherzustellen. Trafo-Stationen aufzustellen, die dann ganze Wohnviertel mit Strom versorgen, macht ihm bis heute große Freude.

Inklusion: Die Möglichkeiten und Bereitschaft sind gegeben  

Stylianos programmiert einen elektronischen Baustein einer Zeitschaltuhr. Hermann-Josef Breuing begutachtet seine Arbeit.

Herrmann-Josef Breuing ist der Ausbildungsmeister von Stylianos.

Hermann-Josef Breuing, Ausbildungsleiter von Stylianos, ist von dem ehrgeizigen Azubi angetan. Stylianos‘ Höreinschränkung beeinträchtigt ihn im Arbeitsalltag nicht, betont Breuing: „Ich würde es immer wieder machen“, sagt er. Der Bedarf an guten Fachkräften im Bereich der Elektrotechnik ist riesig. Die Zusammenarbeit mit Stylianos macht ihm sehr viel Spaß. „Er arbeitet sehr selbstständig und ist wissbegierig“, freut sich Breuing. Wird es dann doch mal wiggelig und laut, nehmen die beiden sich im Anschluss Zeit gemeinsam Dinge in Ruhe noch einmal nachzuarbeiten.

Untereinander helfen sich die Auszubildenden der unterschiedlichen Lehrjahre gerne weiter. Die Berufsschule besucht Stylianos jedoch ohne seine Azubi-Kollegen. Er geht blockweise für 6-8 Wochen in eine Berufsschule für Hörgeschädigte in Essen. Dort wird er mit drei Elektro-Azubis anderer Unternehmen in Gebärdensprache unterrichtet. „Wir helfen uns untereinander die Aufgaben zu verstehen und erklären uns die Themen“, berichtet er.

Aktuell arbeitet Stylianos auf seine Zwischenprüfung hin. Sein großes Ziel ist weiterhin gute Noten zu schreiben. Nach dreieinhalb Jahren Regelausbildungszeit steht die Abschlussprüfung an. Stylianos hat bereits klare Ziele: Er möchte sein Wissen und Können in der Gebäudetechnik vertiefen und anschließend den Meistertitel für Elektrotechnik machen. (Übrigens: Viele Azubis qualifizieren sich nach der Ausbildung noch weiter)

 

 

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