Mit Luftunterstützung auf der Suche nach (Fern-)Wärmelecks
Fernwärme ist eine klimafreundliche Art, zu heizen. Dabei fließt heißes Wasser mit bis zu 120 °C durch Rohrleitungen unter Münsters Straße direkt in die Haushalte. Die brauchen keine eigene Heizung im Haus, sondern entnehmen die Wärme einfach aus dem heißen Wasser. Am Ende der Reise ist das Wasser deutlich abgekühlt und fließt zurück. Rund 130 Kilometer lang ist dieses Netz.
Um die Fernwärme noch effizienter zu machen und damit Energie zu sparen, setzen wir auch Luftbilder ein, denn Wärmeverluste – und damit mögliche Lecks in Leitung oder Dämmerung – sind auf sogenannten Thermobildern gut zu erkennen.
Der Thermoflieger vom Münster
Im letzten Jahr hat ein spezielles Messflugzeug nächtlichen Runden über Münster gedreht und dabei tausende Fotos gemacht – die Kamera hat dabei die Wärmeabstrahlung fotografiert. Unterwegs war es im Auftrag der städtischen Smart City-Stelle und der Stadtnetze. Hausbesitzerinnen und -besitzer haben diese Thermografie-Aufnahmen zugeschickt bekommen, um Hinweise zu bekommen, wo Wärme über das Dach verloren geht.
Neben den Dächern ist das Flugzeug auch über dem gesamten Fernwärmenetz geflogen und hat nach möglichen Wärmeverlusten gesucht.
2007: Volltreffer am Friesenring
Schon 2007 wurden die Fernwärmenetze in Münster mit einem Thermoflieger überflogen und dieser landete einen Volltreffer: Er entdeckte eine Leckage am Friesenring. Dank der Bilder konnte die genaue Lage der Schadstelle bestimmt werden, eine herkömmliche Einmessung an der Stelle war nämlich nicht möglich. Ohne die Luftbilder hätte man sich durch mehrere Aufgrabungen dem Schadensort langsam nähern müssen – mit hohen Kosten, Sperrungen und Verkehrschaos. Motiviert durch die guten Ergebnisse wurde von den Kollegen der Stadtnetze beschlossen, die Fernwärmenetze in 10 bis 15 Jahren erneut mit Luftunterstützung zu überprüfen.
2021 war es wieder so weit. Auch die Stadt Münster wollte wollte den energetischen Zustand der Dächer im Stadtgebiet Münsters mittels Thermografiebefliegung unter die Lupe nehmen. In einem gemeinsamen Projekt teilte man sich die Kosten. Nach der Befliegung wurden die Aufnahmen der Kamera zu einem sogenannten Thermobildmosaik bearbeitet. Dazu wurden die Einzelbilder mit Hilfe von Positionsdaten in der Nachbearbeitung orientiert und entzerrt. Auf Grundlage dieser Daten wurde das Mosaik entlang des Leitungsnetzes systematisch von den Fernwärmespezialisten der Stadtnetze Münster inspiziert.
Rund 500 auffällig gefärbte Stellen galt es zu analysieren. Zahlreiche davon konnten schnell als unbedenklich klassifiziert werden. So wurden beispielsweise 348 Schächte herausgefiltert, die den Monteuren Zugang zu den Leitungen ermöglichen. In den luftgefüllten Hohlräumen sammelt sich mehr Wärme als an Stellen, wo das Erdreich die Leitungen zusätzlich isoliert – und entsprechend hell erscheinen die Schächte auf dem Thermomosaik.
Sieben Hotspots, aber keine akuten Schäden
Blieben 91 verdächtige Stellen – 41 punktuelle Auffälligkeiten und 50 Abschnitte, die Wärme abstrahlten. Die Spezialist_innen aus der Netzplanung und dem Betrieb nahmen diese genauer unter die Lupe: Viele Punkte waren einfach erklärt, weil sie beispielsweise nah an einem Schacht lagen oder die Deckschicht über den Leitungen dünner war als andernorts.
Die drei verbliebenen Hotspots mit hoher und vier mit relativ hoher Abstrahlung nahm sich Einmessungsexperte Joan Racz genauer vor. Die Dämmung von Fernwärmerohren ist mit dünnen Drähten ausgestattet. Sie funktionieren wie ein Nervensystem und können die Lage von Leitungsschäden sehr genau detektieren. Dafür sendet Joan elektrische Impulse durch die Drähte und misst den elektrischen Widerstand. Anhand der Messwerte kann Joan entweder Entwarnung geben oder die Entfernung vom Messpunkt zur feuchten Stelle am Rohr errechnen.
Zusätzlich wurden einige der Verdachtsfälle vor Ort in Augenschein genommen. Fazit: Von den 500 Verdachtspunkt blieb schließlich ein Punkt, an der ein Fernwärmerohr Wasser verlor – also akutes Handeln erforderlich war. Oder gewesen wäre. Wie es der Zufall will, hatten die Stadtnetze den Schaden vor Erhalt der Thermografiebilder bereits erfasst und behoben. Bei den auffälligen Leitungsabschnitten, die mehr Wärme abstrahlten als der Großteil des Netzes, handelte es sich um die ersten Fernwärmeleitungen, die in den 70er und 80er Jahren gebaut wurden. Sie weisen altersbedingt eine schlechtere Dämmung auf.
Ein fittes Netz für die Wärmewende
Das sind gute Argumente für unsere großen Sanierungsprojekte am östlichen Ring und an der Bremer Straße, wo moderne, dick gedämmte Kunststoffmantelrohre die alten, schlechter gedämmten Leitungen ersetzen werden. Der Austausch erhöht nicht nur die Versorgungssicherheit wesentlich. Weniger Wärmeabstrahlung spart langfristig Kosten, Energie und ist gut für das Klima.
Asset-Manager Jan Staymann, zuständig für die Weiterentwicklung der Wärmenetze, wertet die Thermografiebefliegung als Erfolg: „Die Befliegung war ein voller Erfolg und hat uns keine bösen Überraschungen beschert. Die Ergebnisse bestätigen, dass wir in Münster ein absolut stabiles und gut funktionierendes Wärmenetz haben, das einen immensen Beitrag zur Wärmewende leisten kann. Dafür entwickeln wir es zukunftsfähig weiter.“ Wie Stadtwerke und Stadtnetze die (Fern-)Wärmewende für Münster voranbringen, lest ihr hier.
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