Tiefengeothermie für Münster

Zukunftswärme von zuhause für Zuhause

Unter unseren Füßen verbirgt sich in tiefen Gesteinsschichten viel Potenzial für die Wärmewende: die Geothermie (Erdwärme). Rund um die Uhr stabil verfügbar und vollständig emissionsfrei hat Tiefengeothermie das Potenzial, künftig große Teile der Fernwärme für Münster klimaneutral bereitzustellen. Wir wollen diesen Schatz heben und Münsters Wärme klimaneutral und unabhängig von importierten fossilen Brennstoffen machen.

Vom 30. Oktober bis zum 20. Dezember führen wir dafür eine umfangreiche geologische Untersuchung in Münster durch. Ziel ist es, geeignete Standorte für Geothermie in Münster zu identifizieren und ein deutliches Zeichen für die Erdwärme-Wende in Nordrhein-Westfalen setzen.

Das Messgebiet

  

So funktioniert die 3D-Seismik

  

Pilot-Projekt für NRW - so werden wir gefördert

  

Das Messgebiet

Mit den seismischen Messungen untersuchen wir das Stadtgebiet von Münster und ein Stück darüber hinaus - rund 350 Quadratkilometer groß ist das Untersuchungsgebiet. Die Untersuchungen beginnen im Süden des Stadtgebiets und rücken bis zum 20. Dezember Woche für Woche nach Norden vor. Die Planung ist aktuell in vollem Gange.

Da die genauen Fahrtrouten jeweils vom Fortschritt der vorherigen Nacht abhängen, sind im Vorfeld keine exakten Auskünfte dazu möglich, wann genau die Vibrotrucks auf einer Straße oder Nachbarschaft unterwegs sein werden. 

3D-Seismik: Wir schicken Schall in die Tiefe. Und zeichnen das Echo auf.

Um heißes Thermalwasser tief unter Münster zu finden, brauchen wir ein geologisches Modell – eine Art Karte der Geologie unter unseren Füßen. Das geologische Modell wird aus einer Interpretation der verarbeiteten seismischen Daten entwickelt. 

Für die geophysikalischen Messungen der 3D-Seismik werden Vibrotrucks eingesetzt – umgangssprachlich auch “Rüttelfahrzeuge” genannt. Diese Vibrotrucks schicken an insgesamt rund 48.000 Messpunkten Schallwellen in den Boden. Unterschiedliche Gesteinsschichten im Boden reflektieren diese Schallwellen dann in verschiedener Weise. Aufgezeichnet wird das Echo der Schallwellen von rund 35.000 Schallempfängern (so genannten Geophonen), die zuvor großflächig in Münster auf dem Boden ausgelegt werden; entlang von Straßen und Wegen sowie auf städtischen und privaten Grundstücken.

Vibriert wird abends und nachts

Die Vibrotrucks sind sechs Nächte die Woche zwischen 19 und 7 Uhr unterwegs. In der Nacht von Samstag auf Sonntag fahren die Vibrotrucks nicht.

Die nächtlichen Messungen sind entscheidend für eine sichere Datenerhebung und dafür, dass der Alltag in der Stadt nicht gestört wird. Denn tagsüber ist so viel mehr Straßenverkehr und natürlich haben Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr ebenso Vorfahrt wie die Busse, Schulbusse und der Lieferverkehr. Und auch für die Datenqualität sind nächtliche Messungen deutlich besser.

Die Vibrationen und der Fahrzeuglärm werden an der Strecke spürbar sein. Bitte stellen Sie sich darauf ein. Aus der Erfahrung vieler Seismiken ist bekannt, dass es rund eine halbe Stunde dauert, bis die Vibtrotrucks wieder außer Reichweite sind. Und das Gute ist: Sie kommen nur einmal vorbei.

Die Vibro-Kolonnen

Bereits im Winter 2021 fand in Münster eine erste seimische 2D-Untersuchung statt. Im Winter 2024/2025 geben wir mit der 3D-Seismik eine weitere Dimension hinzu.

Bis zu vier Gruppen mit jeweils drei in Kolonne fahrenden Vibrotrucks fahren Straße für Straße durch das gesamte Stadtgebiet. Die Kolonnen halten alle 30 Meter und geben für 60 Sekunden Schallenergie in den Boden ab.  

Jede Vibrotruck-Gruppe besteht aus acht bis zehn Personen, darunter ein Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger an der Strecke. Jede Gruppe wird auf einer anderen Straße fahren, die Gruppen werden aber nicht weit voneinander entfernt sein. Während der Messungen finden begleitende Erschütterungsmessungen statt, um sicherzugehen, dass die genormten Grenzwerte nicht überschritten werden.

Die Vibtrotrucks fahren nicht bei Starkregen, Gewitter oder Blitzeis. Leichter Schnee dagegen macht ihnen nichts aus. Auch auf durchnässten bzw. durchgeweichten Feldern und Flächen oder auf Straßen mit Kopfsteinpflaster finden keine Messungen statt.

Geothermal energy for Münster (english version)

Geothermie für uns in Münster

©MWIKE NRW/Nils Leon Brauer

Liebe Münsteranerinnen, liebe Münsteraner,

es freut mich sehr, dass Münster den Weg zur Wärmewende eingeschlagen hat und die klimaneutrale, grundlastfähige und regionale Wärmequelle Geothermie in den Blick nimmt. In Münster werden aus Daten konkrete Projekte: Stadt und Stadtwerke gehen in ihrer Zusammenarbeit nach den vielversprechenden Ergebnissen der vom Geologischen Dienst NRW erstellten 2D-Seismik den nächsten Schritt.

Mit einer 3D-Seismik soll ein detailliertes Untergrundmodell entstehen – eine wichtige Grundlage für die Standortwahl und die sichere Erschließung von Tiefengeothermie. Dieses Leuchtturm-Projekt unterstützen wir als Land mit 5,7 Millionen Euro.

Die Projektschritte fließen in einen Leitfaden für die Entwicklung von Geothermie-Vorhaben in Nordrhein-Westfalen ein, sodass weitere Projekte von den Erfahrungen aus Münster profitieren. Das ist wichtig, denn nur mit lokalem Engagement kann die Wärmewende gelingen. Auf Landesebene haben wir mit dem Masterplan Geothermie die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen. Als erstes Bundesland setzen wir uns verbindliche Ausbauziele und sichern das Risiko einer Bohrung ab. Der Pioniergeist in Münster möge daher weiteren Versorgern Mut machen, sich intensiver mit der Tiefengeothermie zu befassen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Beteiligten viel Erfolg. 

Mona Neubaur
Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

Münster schaltet um auf Zukunftswärme

Im Winter 2021 führte der Geologische Dienst NRW in Münster und dem Münsterland eine 2D-Seismikkampagne durch, um die geologischen Potenziale für Tiefe Geothermie zu untersuchen. Dabei ist ein zweidimensionales Abbild des Untergrunds entstanden.

Die Ergebnisse waren vielversprechend: Gleich drei wasserführende Kalkgesteinsschichten befinden sich in verschiedenen Tiefen unterhalb des Stadtgebiets. 2022 beauftragte uns der Rat der Stadt Münster, die Nutzungsperspektiven für Tiefengeothermie in Münster weiter zu untersuchen.

Um das zweidimensionale Bild zu verfeinern, sind weitere Untersuchungen notwendig. Denn jeder Datenpunkt erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit und die Sicherheit einer späteren Bohrung. Wir gehen daher den nächsten Schritt und führen eine erneute seismische Messung im Stadtgebiet von Münster durch. Die notwendige Aufsuchungserlaubnis für den Bodenschatz Erdwärme haben wir bereits im Januar 2021 von der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg erhalten. 

Die nächste Stufe der Tiefenerkundung ist eine 3D-Seismik im Winter 2024/2025. Bei dieser geben wir dem 2D-Bild von 2021 noch eine Dimension dazu. So wird das Bild von Münsters geologischem Untergrund noch feiner, klarer und verlässlicher. Die Untersuchung hat zum Ziel, geeignete Standorte für spätere Tiefenbohrungen zu identifizieren. Durch die vollständige Vermessung des tiefen Untergrunds schaffen wir außerdem eine Datengrundlage für weitere Projekte.

Häufige Fragen zu Tiefengeothermie und Seismik

Geothermie-Heizwerke nutzen die natürlichen Thermalwasserreservoire in tiefen Gesteinsschichten der Erde, um klimaneutrale Wärme für Heizung und Warmwasser zu erzeugen. Das Energieangebot in tiefen Erdschichten nach menschlichem Ermessen unerschöpflich und grundlastfähig. Je tiefer wir in den Untergrund schauen, desto heißer wird es. Je 100 Meter Tiefe steigt die Temperatur um etwa drei Grad Celsius.

Die Stadtwerke Münster verfolgen ein Projekt für die so genannte hydrothermale Geothermie. Für die Wärmeerzeugung wird heißes Thermalwasser aus 1.000 bis 6.000 Metern Tiefe mit einer Förderbohrung an die Oberfläche geholt. Dort wird dem Wasser in einem Heizwerk die Wärmeenergie entzogen und in das Fernwärmenetz gespeist. Das abgekühlte Thermalwasser wird dem unterirdischen Wasserreservoir über eine zweite Bohrung wieder zugeführt.

Für die Fernwärme in Münster planen wir mit einer hydrothermalen Geothermieanlage, die Thermalwasserreservoire in tiefen Gesteinsschichten bis zu 6.000 Metern zur Wärmegewinnung nutzt.
In Nahwärmnetzen kann auch die oberflächennahe Geothermie eine erneuerbare Wärmeoption sein. Dabei wird die Erdwärme aus bis zu 400 Metern Tiefe über Erdsonden gewonnen und über ein Arealnetz an die angeschlossenen Gebäude verteilt.

Noch liegen uns nicht ausreichend Daten vor, um mögliche Standorte für eine Tiefenbohrung oder gar kein künftiges Heizwerk benennen zu können. 

Geothermie wird bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Die Technologie ist nicht neu und vielerorts erprobt. Klar ist aber auch: Vollständig risikolos ist auch die Tiefe Geothermie nicht. Um geologische Risiken im Vorfeld möglicher Bohrungen auszuschließen, betreiben wir ein umfassendes Risikomanagement und intensive Vorstudien. Dabei unterstützen uns erfahrene Geothermie-Spezialisten aus Wissenschaft und Praxis, wie beispielsweise die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG oder der Projektsteuerer Erdwerk. 

Als Trinkwasserversorger für Münster liegt uns der Schutz dieser wertvollen natürlichen Ressource besonders am Herzen. Daher ist es für uns selbstverständlich, dass wir um die Münsterschen Wasserschutzgebiete und die Einzugsbereiche unserer Brunnen bei den Geothermie-Planungen einen weiten Bogen machen.

Die wasserführenden Schichten aus denen heißes Thermalwasser gewonnen wird liegen bei Tiefengeothermie in 1.500 bis 6.000 Metern Tiefe. Das Trinkwasser für Münster gewinnen wir aus Brunnen, die bis zu 80 Meter tief liegen.  

Nein, denn das Thermalwasser läuft bei der geothermischen Anwendung in einem Kreislauf. Über eine Förderbohrung wird das heiße Tiefenwasser in ein oberirdisches Heizwerk geholt, über eine Injektionsbohrung wird es abgekühlt wieder abgegeben und kann sich in der Tiefe wieder aufheizen. 

Bei der von den Stadtwerken Münster geplanten hydrothermalen Geothermie werden natürlich vorhandene Tiefenwässer und Fließwege genutzt und das geförderte Wasser in einem Kreislauf geführt.

Fracking kommt bei der so genannten petrothermalen Geothermie zum Einsatz. Dabei werden Risse im Gestein künstliche erzeugt oder erweitert, um unterirdische Wärmetauscherflächen zu schaffen. Dies ist in Münster nicht geplant.

Zur Stromerzeugung eignet sich Geothermie dann, wenn das Tiefenwasservorkommen sehr hohe Temperaturen aufweist. Bedingt durch die spezielle Geologie werden ausreichende Temperaturen nur in wenigen Gebieten in Deutschland erreicht. Die Stadtwerke Münster fokussieren daher ganz klar Geothermie für die Wärmeversorgung.

3D-Seismik ist eine Methode zur Untersuchung des Untergrunds, ähnlich wie eine Ultraschall. Vibrotrucks erzeugen Vibrationen, die Schallwellen in die Tiefe senden. Diese Wellen werden von geologischen Schichten reflektiert und von Geophonen aufgezeichnet, die im gesamten Stadtgebiet verteilt sind. So entsteht ein dreidimensionales Bild des Untergrunds.

Wir wollen eine vollständige Landkarte der Untergrundstrukturen unter Münster erstellen, unabhängig von späteren Bohrstandorten. Diesen geologischen Datenschatz teilen wir. Er wird Bestandteil einer NRW-weiten Untergrundkarte. Für das vollständige Untergrundmodel braucht es auch Daten aus Bereichen der Stadt, von denen wir heute schon wissen, dass dort später kein Geothermie-Heizwerk entstehen wird.
Es gibt aber auch einen geophysikalischen Hintergrund, der mit dem Ein- und Ausfallwinkel der Echos und der Untersuchungstiefe von 6 Kilometer Tiefe zu tun hat

Die 3D-Seismik wird vom 30. Oktober bis 20. Dezember 2024 durchgeführt. Die Messungen starten im Süden Münsters und werden im Norden beendet. Die Auswertung der Messdaten erfolgt bis Anfang 2026.

Die Vibrotrucks sind hauptsächlich abends und nachts im Einsatz, von 19 Uhr bis 7 Uhr am Folgetag, um den Straßenverkehr nicht zu beeinträchtigen. Sie fahren in bis zu vier Gruppen mit je drei Vibrotrucks, die sich streifenweise durch das Stadtgebiet arbeiten. 
Die Gruppen fahren in langsamer Geschwindigkeit und halten alle 30 Meter, um für 60 Sekunden zu vibrieren. 

Die Vibration dauert je Messpunkt ca. 60 Sekunden, und die Messpunkte liegen jeweils 30 Meter auseinander. In unmittelbarer Nähe sind die Vibrationen deutlich zu spüren und der Fahrzeuglärm vernehmbar. Nach rund 30 Minuten sind die Auswirkungen nicht mehr wahrzunehmen.

Jede Vibrogruppe wird begleitet von Menschen, die die ausgelösten Erschütterungen messen (sog. begleitende Erschütterungsmessung). Damit ist sichergestellt, dass die Schwingungen festgelegte Grenzwerte nicht überschreiten.

Unsere Partner für die 3D-Seismik

Unser Netzwerk