Blick zurück auf O-Busse: So sah Münsters Nahverkehr vor 50 Jahren aus

Veröffentlicht von am 16.10.2017 (12 Kommentare)
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Ein O-Bus der Linie 4 an der Friedrichstraße

Ganz nostalgisch werfen wir heute einen Blick zurück auf den Nahverkehr in Münster von vor 50 Jahren. Da fuhren neben den normalen Bussen noch ein Jahr lang Oberleitungsbusse und um Amelsbüren zu erreichen war ein anderes Ticket notwendig als für die Fahrt nach Albachten. Warum das so war, lest ihr in diesem Artikel.

Erinnert sich noch jemand an die Zeit? Wir freuen uns auf Eure Geschichten in den Kommentaren! Weitere Artikel der Serie:

O-Busse

Die Oberleitungsbusse oder kurz O-Busse haben in den 50er-Jahren in Münster die Straßenbahn ersetzt, deren Schienennetz marode war. Der Vorteil der O-Busse: Sie brauchten keine Schienen, sondern rollten wie Busse auf Gummireifen. Trotzdem aber waren sie mit einer Oberleitung verbunden und wurden so elektrisch angetrieben. Dank flexiblem Stromabnehmer konnten die O-Busse zwar kleinere Baustellen umfahren, größere Umleitungen abseits der Oberleitungen waren aber Tabu.

Wegen einer Sperrung stehen mehrere O-Busse an der Warendorfer Straße. Umleitungen waren nicht möglich.

Auf drei Linien waren 1967 noch O-Busse unterwegs:

Die Linie 2 fuhr zwischen Danziger Freiheit und Heilig-Geist-Kirche über Warendorfer Straße, Eisenbahnstraße, Hauptbahnhof, Ludgeriplatz und Altem Schützenhof auf der Hammer Straße.

Linien 3 und 4 waren eine Art Ringlinie, die (Linie 3) vom Hauptbahnhof über Eisenbahnstraße und Gartenstraße, durch das Kreuzviertel zum Kanonierplatz und weiter über Coesfelder Kreuz bis zur Hüfferstiftung, am Aasee und der St.-Antonius-Kirche entlang bis Ludgeriplatz zurück zum Bahnhof fuhr. Linie 4 bediente diese Strecke in entgegengesetzter Richtung.

1968 wurden 18 neue Busse als Ersatz für die O-Busse bestellt

Auf den restlichen Linien waren schon damals Dieselbusse unterwegs. 1968 wurden dann auch die drei O-Bus-Linien aufgelöst, die Oberleitungen abgebaut und auf Busse mit dem damals modernen und flexiblen Dieselmotor umgestellt. Dafür wurden 18 neue Mercedes Benz DB O 317 bestellt, die auf dem Bild am damaligen Abstellplatz hinter der Halle Münsterland zu sehen sind.

Dass 50 Jahre später genau der entgegengesetzte Trend einsetzt und statt dem Diesel- der Elektrobus die Städte zurückerobert, ist ein schöner Wink der Geschichte. Dank Batterie- und Wasserstofftechnik sind die neuen E-Busse allerdings – das ist ihr großer Vorteil – nicht mehr an die Drähte über der Straße gebunden.

Das Liniennetz

Liniennetzplan aus dem Fahrplan 1967

Viele heutige Stadtteile waren bis 1975 eigenständige Gemeinden. Albachten, Amelsbüren, Angelmodde, Handorf, Hiltrup, Nienberge, Roxel, Sankt Mauritz und Wolbeck wurden erst in der großen Gebietsreform nach Münster eingemeindet. Daher sind unsere Busse vor 50 Jahren in einer deutlich kleineren Stadt Münster unterwegs gewesen und haben nur die Stadtteile Mecklenbeck, Kinderhaus, Gievenbeck und Coerde angefahren.

Während die 11 schon damals zwischen Wolbecker Straße und Gievenbeck unterwegs war, fuhren in Kinderhaus zum Beispiel die Linien 6, 7 und 28. Zentraler Knotenpunkt war damals neben dem Bahnhof übrigens noch der Prinzipalmarkt zwischen Lambertikirche und Rathaus, wo acht Linien zusammenliefen.

Und wie war das mit dem Ticket?

Linie 19 fuhr nach Handorf-Hornheide – Fahrten in den damals noch eigenständigen Ort waren teurer

Eine Kugel Eis gab es damals für 10 Pfennig, einen Sack Kartoffeln für 33 Pfennig und ein Einzelfahrausweis für Erwachsene mit und ohne Umsteigeberechtigung für 50 Pfennig. Allerdings: Damit kam man auch nur innerhalb der damaligen Stadtgrenzen Münsters umher. Wer nach Amelsbüren wollte, musste die Linie c nehmen, die von der Kraftpost Münster betrieben wurde und von der Haltestelle Bahnpost vier Mal täglich über Amelsbüren nach Ottmarsbocholt fuhr. Nach Albachten fuhr die Verkehrsgesellschaft für den Kreis Lüdinghausen mit der Linie f etwa jede Stunde und zusätzlich die Bahnbusse mit den Linien t und w.

Damals war für jede Busgesellschaft ein eigenes Ticket nötig. Von Haustür zu Haustür mit einem Ticket – das ging nicht. Ausnahme: Handorf. Die städtischen Linien fuhren den Ort schon damals an. Bis zum Bahnhof Handorf ebenfalls für 50 Pfennig; wer zum Fliegerhorst, nach Hornheide oder Lauheide wollte, musste 75 Pfennig berappen.

Ab 1968 herrscht bei Bussen die heutige Form vor (VÖV-Standard-Bus), hier ein Modell von Büssing aus 1970

1972 gab es dann schon einen Gemeinschaftstarif nach Hiltrup. Die Fahrt mit der Linie b, betrieben von Bahnbussen und der Firma Weilke (die übrigens noch heute Fahrten der Linie 9 nach Hiltrup übernimmt) bis zum Krankenhaus kostete schon 1,20 Mark, bis in den Ort und zur Endhaltestelle Loddenweg in Hiltrup-Ost 1,60 Mark. Ab 1978 gab es dann das, was für uns heute selbstverständlich ist: Ein Gemeinschaftstarif aller Unternehmen in Münster.

 

12 Kommentare

  1. Marc
    8. März 2022

    Hallo, war es damals in den 1970/1980/1990 wirklich so,dass die Busfahrer die Haltestellen immer angesagt haben?.
    Hat das gut funktioniert?

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    • Florian Adler
      9. März 2022

      Ja, das war früher so und hat auch funktioniert. Klar ist aber auch, dass die automatische Ansage zuverlässiger funktioniert, weil sie sich nicht noch darum kümmern muss, den Bus zu steuern…

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  2. Christoph
    13. Juli 2021

    Am beliebtesten waren für uns Kinder der Sitzplatz auf dem früher der Schaffner saß!

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  3. Manfred
    26. Februar 2020

    Das erste Bild vom O-Busverkehr zeigt angeblich einen Bus der Linie 2. Wie man unschwer auf dem vorderen Linien- und Fahrzielschild erkennen kann, fuhr dieses Fahrzeug als Linie 4 über die mit Asphalt vergossenen Schienen der Straßenbahn in der Friedrichstraße ins Nordviertel, bevor diese Richtung der O-Busringlinie in Linie 3 geändert und die Eisenbahnstraße verbreitert wurde, so daß die Friedrichstraße als Einbahnstraße nur noch die Linie 2 in Richtung Danziger Freiheit aufnahm. Übrigens lagen an vielen Stellen des münsterschen Straßennetzes noch Straßenbahnschienen, als die Straßenbahn und auch der O-Bus längst aus dem Stadtbild verschwunden waren. Um 1970 wäre mir als Radfahrer beinahe eine aus dem Kopfsteinpflaster hervorstehende Schiene am Marienplatz zum Verhängnis geworden, als ich sie tangential überfuhr.

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  4. Martin
    21. Dezember 2019

    Ich kann mich gut erinnern, als ich ca. 10 Jahre alt war, fuhr ich das erste Mal von Coesfeld nach Münster, mit dem Zug. Ein Ausflug zum Zoo…. Riesig spannend die Ankunft am Hbf, die vielen Züge. Dann ging es weiter mit dem O-Bus. Für einen Steppke vom „Dorf“ ein großes Erlebnis….

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  5. Nobby
    24. Mai 2019

    Die früher so wohlhabende Stadt hat gewartet, bis sie angeblich pleite war und den jetzigen Zustand mit miserabelsten Straßen selbst in der Innenstadt und herunter gewirtschafteter Infrastruktur erreicht hat. In den 60er und 70er Jahren gab es mal einen Bestseller
    in den Buchhandlungen der vormals
    per internationalerAuszeichnung ‚lebenswertesten Stadt der Welt‘, „Münster steckt voller Merkwürdigkeiten“ – das passt!

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  6. Thomas Schwietert
    6. Dezember 2018

    Ich kann mich noch gut an die 60 iger als Kind erinnern. Vorzugsweise saß ich während der Fahrt mit den Stadtbussen vorne rechts, sodass ich den Fahrer beobachten konnte. Ich lenkte immer mit einem „Luftrenkrad“ mit und gab auch entsprechend Gas und betätigte die Bremse.

    Für mich hatte aber jede Busgeneration seine Reize, wobei ich heute den Citaro favorisiere.

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  7. Argus
    6. August 2018

    Das Armutszeugnis wird dadurch nochmals unterstrichen, dass es tatsächlich
    versäumt wurde bei dem Neubau der Wolbecker Str. – Brücke eine separate Busspur zu planen. Münster steckt wahrlich voller Merkwürdigkeiten, vor allem in Punkto Verkehrsplanung. Ein grosses Dorf halt.

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  8. Brück Helmut
    19. Oktober 2017

    Das Geld was die Obusse
    gekostet haben, in den
    Wiederaufbau der Straßenbahn gesteckt hätte, ständen wir heute gut da, Eine Straßenbahn
    Steht nicht im Stau.Wo anders waren sie auch zerstört.
    Helmut Brück

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    • Florian Adler
      19. Oktober 2017

      Die Straßenbahn steht allerdings nur da nicht im Stau, wo sie eine eigene Trasse hat. Das war früher insbesondere auf den großen Straßen auch nicht immer der Fall.

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      • Andi
        19. Oktober 2017

        …nur haben andere Städte im Laufe der Jahre dafür gesorgt, dass den Bahnen eigene Trassen zur Verfügung stehen. Man kann also sagen, dass sich im Vergleich zu Münster andere Städte verkehrstechnisch weiterentwickelt haben.

        Münster hat nach wie vor keine Stadtbahn und die hiesigen Busse keine Infrastruktur – ein Armutszeugnis!

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